Vor J+S: Der militärische Vorunterricht

Bei der körperlichen Ertüchtigung der Jugend zwischen Schulabschluss und Militärausbildung wurde der turnerisch-sportliche Vorunterricht im Jahr 1972 durch Jugend+Sport abgelöst. Die Entmilitarisierung des Sports wurde aber schon beim Vorläufer von J+S sichtbar. Der Historiker Jean-François Martin berichtet über seine Erfahrungen im Rahmen der militärische Vorunterricht.

Nach der Gründung der Eidgenössischen Turn- und Sportschule in Magglingen am 3. März 1944 setzte der Bund seine Bemühungen um die Betreuung der Jugend und die Förderung des Sports fort. Im Rahmen der immer noch sehr begrenzten Mittel und auf der Rechtsgrundlage der «Verordnung zur Förderung von Turnen und Sport» vom 7. Januar 1947 wurden unter der Bezeichnung «Freiwilliger Vorunterricht» (oder «militärischer Vorunterricht») und unter der Schirmherrschaft von Magglingen Kurse zur Entwicklung der körperlichen Erziehung von Jugendlichen organisiert. In Artikel 16 wird die Aufgabe dieses Vorunterrichts präzisiert: «Der Vorunterricht hat den Zweck, die Jünglinge nach der Entlassung aus der obligatorischen Schulpflicht körperlich weiterzubilden und auf den Wehrdienst vorzubereiten. Bei der Ausbildung ist der charakterlichen Erziehung gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.» (Artikel 16 der Verordnung von 1947).
Abgesehen von den militärischen Aspekten – der Zweite Weltkrieg war beendet und der Kalte Krieg hypothetisch –, gingen die politischen und sportlichen Instanzen dazu über, die körperliche Ertüchtigung junger Menschen als Möglichkeit zu betrachten, neue «gesundheitliche» oder «soziale» Probleme, insbesondere die zunehmende Bewegungsarmut, zu bekämpfen. Auch wenn nach wie vor nur Männer betroffen waren, wurde diese Ausbildung zu einem Instrument für eine neue öffentliche Gesundheit.
Dieser Unterricht ist zivil, fakultativ und steht allen Jugendlichen mit Schweizer Staatsangehörigkeit offen. Er soll vor allem in enger Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern der Sportbewegung, d. h. den Kantonen und Vereinen, durchgeführt werden. Damit trennte der Bundesrat zumindest symbolisch die rein militärischen Aspekte des vormilitärischen Unterrichts (insbesondere das Schiessen) von Turnen und Sport.

Ich hatte nie den Eindruck, dass ich militarisiert wurde, obwohl ich ein sehr militärisches Dienstbüchlein hatte.

Die Umbenennung von «Vorunterricht» in «turnerisch-sportlicher Vorunterricht» im Jahr 1959 ist ein Indiz für diesen Paradigmenwechsel in der Bewegungsförderung der Schweiz. Als sich die ersten Merkmale einer «Freizeitgesellschaft» abzeichneten, lockerte der turnerisch-sportliche Vorunterricht die militaristischen Aspekte des Sports in einer Weise, die sich über die mit dem Scheitern von Innsbruck eingeleitete Dynamik hinaus bis zur Einrichtung des nationalen Programms «Jugend+Sport» im Jahr 1972 fortsetzen sollte.